Kampf gegen Menschenhandel: Wien diskutiert Tabuthemen und Opferhilfe

Wien diskutiert auf Fachtagung über Menschenhandel und Zwangsprostitution – Experten fordern besseren Opferschutz und Aufklärung.
Wien diskutiert auf Fachtagung über Menschenhandel und Zwangsprostitution – Experten fordern besseren Opferschutz und Aufklärung. (Symbolbild/MW)

Wien, Österreich - In Wien fand vor kurzem die Fachtagung der „Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel“ statt, die ihr 10-jähriges Bestehen feierte. Im Juridicum versammelten sich heimische Hilfsorganisationen und internationale Experten, um über Themen wie sexuelle Ausbeutung, Zwangsheiratspraktiken und die bedrückende Lage von Opfern des Menschenhandels in Österreich zu diskutieren. Dieses Event ist aktueller denn je, denn trotz geltender Gesetze gibt es nach wie vor erhebliche Herausforderungen für die Betroffenen.

Sr. Anna Mayrhofer, die Leiterin von „Solwodi Österreich“, brach das Schweigen über das Tabuthema Zwangsprostitution. Sie wies auf die massiven Schwierigkeiten hin, denen sich die Opfer gegenübersehen, um sich von ihren Peinigern zu befreien. Oft haben Klientinnen aus Drittstaaten keinen garantierten Aufenthaltsstatus oder Zugang zum Arbeitsmarkt. Dies hängt häufig von ihrer Relevanz als Zeug:innen ab und beschränkt somit ihre Möglichkeiten zur Flucht und zur Schaffung eines neuen Lebens.

Die Herausforderungen im Rechtssystem

Maryam Alemi, Rechtsberaterin bei der Caritas der Erzdiözese Wien, beleuchtet die Wichtigkeit der Glaubwürdigkeit der Opfer für die Behörden. Viele Betroffene scheuen sich, Strafanzeigen zu erstatten, da die Gerichtsverfahren emotional enorm belastend sind. Deswegen bleibt oft ungehört, was sie durchleben mussten. Ein zentrales Anliegen der Veranstaltung war das unbedingte Recht der Betroffenen auf medizinische Versorgung und ein Aufenthaltstitel, selbst wenn sie keine Aussage gegen ihre Täter machen wollen.

Das Thema Menschenhandel wird auch auf europäischer Ebene intensiver betrachtet. Im April 2024 hat das Europäische Parlament eine Vereinbarung beschlossen, die die Herausforderungen im Kampf gegen Ausbeutung thematisiert. Besondere Aufmerksamkeit wird der Ausbeutung durch Leihmutterschaft gewidmet. Hier wird Gewalt und Täuschung als Methode erkannt, um Frauen in diese Rolle zu drängen. Ziel der Vereinbarung ist es, die Opferrechte zu stärken und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Ein wirksamer Schutz für die Betroffenen ist unerlässlich, insbesondere in Anbetracht der Zunahme digitaler Kriminalität, die den Menschenhandel weiter begünstigt.

Globale Perspektiven und lokale Aktionen

Die Diskussionen in Wien zogen auch Verbindungen zu globalen Themen. Reinhard Heiserer von „Jugend Eine Welt“ wies auf die prekäre Situation von Kindern in Entwicklungsländern hin, die oft als Arbeitskräfte in der Landwirtschaft oder in der Industrie ausgebeutet werden. Diese Realität hat auch direkt mit dem Wohlstand in den Industrieländern zu tun und zeigt, wie wichtig es ist, ein wirksames Lieferkettengesetz einzuführen, um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen.

Doch nicht nur der Technologieeinsatz führt zu neuen Formen der Ausbeutung. Auch in Deutschland ist Menschenhandel ein weit verbreitetes Problem. Frauen werden aus dem In- und Ausland in Branchen wie Gastronomie, Bauwesen oder sogar im Transportgewerbe ausgebeutet. Dabei sind es häufig gewachsene Netzwerke der organisierten Kriminalität und immer öfter auch Frauen, die als Mittäterinnen auftreten.

In Anbetracht dieser Eindrücke muss weiterhin ein politischer Druck aufrechterhalten werden, um die notwendigen Veränderungen zu bewirken. Die Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel bleibt hier ein wichtiger Akteur, um internationale und lokale Strategien zur Bekämpfung von Menschenhandel voranzutreiben.

Mehr Informationen über Menschenhandel und dessen Bekämpfung sind zu finden bei katholisch.at, europarl.eu und hilfetelefon.de.

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Ort Wien, Österreich
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