Gigantischer Prozess in Wien: Trio vor Gericht wegen brutalem Hawala-System

Gigantischer Prozess in Wien: Trio vor Gericht wegen brutalem Hawala-System

Wien-Ottakring, Österreich - Am Freitag startet in Wien ein vielbeachteter Prozess gegen drei Personen, die im größten Hawala-Büro Österreichs tätig gewesen sein sollen. Die Angeklagten, zwei Männer im Alter von 41 und 37 Jahren sowie eine 45-jährige Frau, stehen im Verdacht, zwischen Sommer 2021 und Frühling 2024 hunderte Bezahlungen für Schleppungen vermittelt zu haben. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen mutmaßlicher Machenschaften in einem System, das Geldtransfers über Mittelsmänner abwickelt – ein Verfahren, das vor allem in Migrantenkreisen Verwendung findet, jedoch auch immer wieder im Fokus von Kriminalämtern steht. Wie meinbezirk.at berichtet, soll das Trio eigene Kuriere für Geldtransporte eingesetzt haben, wobei allein im ersten Quartal 2024 mindestens 21 Geldtransporte mit mehreren Millionen Euro nachvollzogen werden konnten.

Im Verlauf der Ermittlungen stellte sich heraus, dass das Bargeld teilweise im Wohnhaus der 45-Jährigen in Wien-Floridsdorf gelagert wurde. Der 41-jährige Angeklagte fungierte als Geschäftsführer eines Lokals in Wien-Ottakring, wo das Hawala-System betrieben wurde, während sein 37-jähriger Bruder als unterstützende Hand agierte. Trotz der schweren Vorwürfe haben sich alle drei Angeklagten bisher als nicht schuldig bekannt und behaupten, keine Kenntnis über die Verwendung der transferierten Summen für schädliche Aktivitäten gehabt zu haben.

Brutalität und Straftaten

Doch die Anklage wirft dem Trio nicht nur wirtschaftliche Delikte vor. Im März 2024 soll ein Geldkurier gefoltert worden sein, nachdem er 355.000 Euro von Deutschland nach Wien bringen sollte. Dieser Kurier wurde auf der A22 bei Stockerau ausgeraubt, und die Angeklagten versuchten, durch Gewalt ein Geständnis zu erzwingen. Laut kleinezeitung.at gab es Berichte über massive Körperverletzung, wobei Folterhandlungen wie Faustschläge und der Einsatz eines Ledergürtels zur Anwendung kamen. Besonders schockierend ist die Behauptung, die 45-Jährige habe versucht, dem Kurier mit einer Gartenschere körperlich zu schaden.

Während die Angeklagten von „massiven Tätlichkeiten“ sprechen, bestreiten sie jedoch schwerere Vorwürfe wie Vergewaltigung und die spezifischen Folterhandlungen. Ihre Verteidiger argumentieren, dass über Jahre hinweg gegen die Angeklagten ermittelt worden sei, ohne dass strafbares Verhalten festgestellt werden konnte. Der Prozess wird in den kommenden Tagen weitergeführt, Urteile sind frühestens im Juli zu erwarten.

Hintergrund über Hawala

Das Hawala-System, ein uraltes Finanztransfersystem, ist sowohl bei Kriminellen als auch bei Hilfsorganisationen beliebt. Es ermöglicht Geldüberweisungen zwischen Menschen, ohne dass Banken involviert sind. Die Funktionsweise lässt sich einfach erklären: Ein Geldbetrag wird an eine vertrauenswürdige Person (Hawaladar) übergeben, die dann einen anderen Kuriere in der Zielregion beauftragt, das Geld dem Empfänger auszuhändigen. Hierbei wird oft darauf vertraut, dass alles gut geht – ein Prinzip, das stark auf Vertrauen basiert und in manchen Regionen, wie dem südlichen Afrika, bis zu 65 Prozent des Geldflusses bestimmt, wie tagesschau.de berichtet.

Dieses System, das jährlich rund 200 Milliarden US-Dollar weltweit bewegt, ist aus Sicht der EU jedoch unreguliert und gilt aufgrund fehlender Lizenzen als unerlaubt. Ohne eine korrekte Dokumentation der Geldflüsse ist Hawala besonders anfällig für missbräuchliche Verwendung, beispielsweise für Geldwäsche oder Terrorfinanzierung. Die Ermittlungen zeigen, dass die Nutzung von Hawala sowohl legale als auch illegale Geldtransfers umfasst, was die Problematik noch verstärkt.

Der Prozess in Wien könnte also nicht nur das Schicksal der Angeklagten bestimmen, sondern auch einen weiteren Blick auf die Schattenseiten des Hawala-Systems werfen, das in der Öffentlichkeit oft als Mittel der Unterstützung für Migranten angesehen wird, jedoch auch dunkle Machenschaften verbirgt.

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OrtWien-Ottakring, Österreich
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